Ein Muskelpaket mit Fell-Lendenschurz und Pagenschnitt: In den 1980er-Jahren war He-Man der große Held für kleine Jungs. Was als Spielzeug-Linie begann, wurde durch geschickte Promotion zu einem Fantasy-Universum mit Zeichentrickserien und Comics. Jetzt erscheint auf Netflix ein neues Kapitel in der He-Man-Saga. Die Serie richtet sich vornehmlich an die kindgebliebenen Fans der ersten Stunde.
Der Barbar von Grayskull ist zurück auf Netflix
„Bei der Macht von Grayskull – Ich habe die Kraft.“ – Wenn Prinz Adam sein Schwert über den Kopf hebt und die magischen Worte ruft, verwandelt er sich in He-Man, den hünenhaften Kämpfer für das Gute, und beschützt das Königreich Eternia vor den Horden des bösen Skelettmenschen Skeletor.
In den 1980er-Jahren dominierten He-Man und seine Freunde die Kinderzimmer von kleinen Jungs. Das Wort „Kraft“ sei dabei das entscheidende Wort für den Erfolg gewesen, erinnerten sich die Erfinder der Spielfiguren 2017 in der Netflix-Doku „Spielzeug – Das war unsere Kindheit“. Gerade kleine Jungs suchten im Spiel Selbstbestimmung, lautete die Theorie.
Zum Erfolg wurden die „Masters of the Universe“ für Hersteller Mattel dank des Fernsehens. Als Zeichentrickserie zogen He-Man und seine Mitstreiter ab 1983 am Samstagmorgen Millionen von Kindern vor die Flimmerkiste.
Die Kinder von damals sind heute vielleicht erwachsen, doch die nostalgische Freude an den Helden der Kindheit ist geblieben. Gerade deshalb richtet sich Netflix mit der neuen Serie „Masters oft he Universe: Revolution“ vor allem an die erwachsenen Fans der ersten Stunde.
Das Vorbild war Arnold Schwarzenegger
Vor allem kennt man Spielzeughersteller Mattel bis heute für seine Modepuppe Barbie. Das Geschäft mit Spielzeug für Jungs lief Anfang der 1980er-Jahre nicht so gut. CEO Ray Wagner hatte abgelehnt, eine Spielzeugreihe für George Lucas’ Film „Star Wars“ zu produzieren und damit einen enorm lukrativen Deal verpasst. Figuren von Luke Skywalker, Han Solo und Darth Vader sind bis heute ein Verkaufsschlager und beliebte Sammelobjekte.
Mattel beschloss, mit einer eigene Reihe den Kampf gegen „Star Wars“ aufzunehmen und suchte im Fantasy-Genre nach Inspiration. Fündig wurde man bei „Conan, der Barbar“: John Milius verfilmte die Comic-Reihe 1982 sehr erfolgreich und verhalf mit dem Film Arnold Schwarzenegger zum Durchbruch als Filmdarsteller. Der bullige Bodybuilder wurde auch in Sachen Statur Vorbild für He-Man.
Populär dank Zeichentrick
Im Laufe der Jahre entwickelte Mattel immer neue Helden und Schurken, He-Man kämpfte mal im Raumschiff oder gegen Dinosaurier. Mit „She-Ra – Prinzessin der Macht“ sollte die Produktlinie auch für Mädchen interessanter werden.
Ende der 1980er-Jahre hatte es sich ausgespielt mit den „Masters of the Universe“. Versuche, das Franchise wiederzubeleben, mit neuen Serien und neuen Spielwelten, scheiterten weitgehend. Nur eine Fangemeinde bleib He-Man treu: die Kinder von früher. Über Fanforen und Chatgruppen vernetzten sich die Fans der ersten Stunde in den frühen Tagen des Internets. Heute vermarktet Mattel die Spielzeugreihe erfolgreich an diese Nostalgiker.
Netflix bringt neues Leben ins angestaubte Spielzeug
Bei Netflix haben die „Masters of the Universe“ in den vergangenen Jahren eine neue Heimat gefunden. Neben den alten Zeichentrickserien im Katalog produzierte der Streaming-Gigant 2021 mit „Masters of the Universe: Revelation“ ein Zeichentrick-Reboot im Anime-Stil, das in seiner Ästhetik direkten Bezug auf den He-Man der 1980er-Jahre nimmt.
Verantwortlich für die Serie zeichnete Regisseur Kevin Smith. Der Comic-Enthustiast ist der Kopf hinter den 1990er-Kultfilmen der „Jay und Silent Bob“-Reihe (u.a. „Chasing Amy“, „Dogma“). Mit „Revelation“ gelang Smith bei allem Respekt für die seichte, kindlich-naive Vorlage, eine in sich stimmige, actionreiche und spannend erzählte Fantasy-Erzählung.
Während Kritiker die Serie sehr wohlwollend besprachen, waren es vor allem Fans des Originals, die an der Handlung Anstoß nahmen. Statt He-Man selbst stand seine weibliche Mitstreiterin Teela, die Anführerin der königlichen Garde, im Zentrum der Handlung, zu viel Neues für diejenigen, die sich ein bisschen Eskapismus in ihr Kinderzimmer wünschten.
„Revolution“ setzt an, wo „Revelation“ aufhört
Die fünfteilige neue Serie, erneut produziert und geschrieben von Kevin Smith, knüpft an die Geschehnisse ihres Vorgängers an. Prinz Adam spürt nach dem Tod seines Vaters die Last der Krone und soll sich entscheiden zwischen der Macht, die ihn in He-Man verwandelt, und der Verantwortung für seine Untertanen.
Währenddessen hat sich sein Erzfeind Skeletor der Kraft einer Nano-Technik bemächtigt, die es ihm ermöglicht, das Volk von Eternia zu seinen willenlosen Sklaven zu machen.
Wer sich in der ersten Serie des Reboots über zu wenig Bildschirmzeit für He-Man beschwert hat, der kommt in „Revolution“ voll auf seine Kosten. Entstanden ist eine fantasie- und actionreiche Serie mit hervorragender Animationsqualität, die reich gespickt ist mit Anspielungen an die vierzig Jahre alte Spielzeugreihe.
Und natürlich gibt es – schließlich produziert Spielzeughersteller Mattel selbst die Serie – ausreichend neue Designs zum Vermarkten von Spielfiguren und -sets. Wenn die Kleinen ganz lieb bitten, lassen ihre Väter sie ja vielleicht mitspielen.